Wie sieht die Zukunft des Lesens im digitalen Zeitalter aus? Diese Frage beschäftigt die Buchbranche seit mehr als einem Jahrzehnt – und sie hat bereits viele Antworten darauf gefunden. Die digitale Transformation der Branche ist weltweit in vollem Gange. Die Frage nach der Zukunft des Lesens stellte sich 2010 auch die Verlagsgruppe Random House und entwickelte gemeinsam mit Arvato und der Verlagsgruppe Holtzbrinck das Joint Venture Skoobe. Für Frank Sambeth, CEO der Verlagsgruppe Random House, war das Ziel klar: „Wir wollten aktiv und frühzeitig neue Geschäftsmodelle für das Buch entwickeln und gleichzeitig über digitales und mobiles Lesen lernen.“ Der Ansatz von Christian Damke und Henning Peters, den beiden Geschäftsführern von Skoobe, unterscheidet sich dabei grundlegend von anderen digitalen Geschäftsmodellen. Sie fragten nämlich nicht danach, mit welchen Strategien und Techniken Verlage erfolgreich E-Books verkaufen können. Sie stellten stattdessen die offensichtlichen Vorteile des neuen Mediums in den Mittelpunkt: die permanente Verfügbarkeit von Büchern auf mobilen Endgeräten – und das überall. Heraus kam die Idee, E-Books nicht zu verkaufen, sondern in Form eines kostenpflichtigen Abonnements anzubieten. Welche Entwicklung die Online-E-Book-Bibliothek Skoobe, was übrigens schlicht für „Ebooks“ rückwärts gelesen steht, genommen hat, und wo das Unternehmen heute steht, darüber sprach das BENET im Rahmen der Reihe „Digital Transformation@Bertelsmann“ mit den beiden Geschäftsführern am Münchner Firmensitz.
Rund 20.000 Titel im Angebot
Entdecken lassen sich Bücher bei Skoobe zum einen durch das direkte Stöbern in der nach Genres geordneten Bibliothek oder den wöchentlichen Neuerscheinungen, rund 100 an der Zahl. Zum anderen zeigt die App auch die Titel an, die gerade von anderen Nutzern ausgeliehen, bewertet oder kommentiert wurden. Dazu kommen noch die insgesamt beliebtesten Titel in verschiedenen Kategorien, also eigene Skoobe-Bestsellerlisten. Besonders beliebt bei den Abonnenten, so Damke, seien die Genres Krimi, Thriller, Science-Fiction, Romantik und auch Erotik. Und so finden sich in den Skoobe-Listen natürlich belletristische Bestseller wie die „Shades of Grey“-Trilogie von E. L. James, „Das Dorf der Mörder“ von Elisabeth Herrmann sowie Sachbuch-Bestseller wie „Steve Jobs“ von Walter Isaacson. Die unterschiedlichen Möglichkeiten, Bücher zu entdecken, führen dazu, dass auch ältere Titel aus den Backkatalogen der Verlage in der Gunst der Skoobe-Nutzer ganz oben stehen können. Für die Verlage ein überaus positiver Effekt. „Wir wollen die Tiefe der Verlagskataloge zeigen und arbeiten deshalb viel mit den Empfehlungen der Nutzer“, betont Damke. „Skoobe übernimmt die Rolle des besten Freundes, der ein gutes Buch empfiehlt.“ Und das kann dann auch mal ein Klassiker wie „Geständnisse eines Küchenchefs“ von Anthony Bourdain oder ein heimlicher Bestseller wie „Die Rechnung, bitte! – Bekenntnisse eines Kellners“ (2010) von Herr Ober und Susanne Schädlich sein.
Christian Damke gehörte schon vor der Gründung von Skoobe zu den Experten, die sich täglich mit den Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation für die Buchbranche beschäftigt haben. Damke arbeitete seit 2006 in der Unternehmensentwicklung der Verlagsgruppe Random House, nachdem er über das Bertelsmann Entrepreneurs Programm (BEP) zunächst Stationen bei der Arvato und beim kanadischen Buchclub Doubleday absolviert hatte. Viele der Erfahrungen, die er dort gesammelt habe, so Damke, seien ihm später beim Aufbau von Skoobe zugutegekommen. Ähnliches gilt für den IT-Experten Henning Peters, dessen wichtigste Aufgabe bei Skoobe darin besteht, dass E-Books möglichst schnell und optisch ansprechend auf die unterschiedlichsten Endgeräte ausgeliefert werden – gleich ob iPhone, iPad oder Android-Smartphones und Tablets. Peters war zuvor Mitgründer und technischer Geschäftsführer der Jobbörse Absolventa. „Ohne unsere langjährigen Erfahrungen bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen, strategisch, inhaltlich und technisch, wäre Skoobe nicht machbar gewesen“, ist sich Christian Damke sicher.
Öffentlich zugänglich ist das Skoobe-Angebot seit Ende Februar 2012. Die Entwicklung der Plattform und der App war damit aber längst nicht abgeschlossen: So gab es allein für die Skoobe-App im ersten Jahr 16 Updates. Zum einen, um deren Tempo zu erhöhen, und zum anderen, um neue, von den Nutzern gewünschte Features einzuführen. „Heute ist Skoobe über so ziemlich alle gängigen Typen von Smartphones und Tablet-PCs nutzbar“, betont Henning Peters, also über Appleund Android-Geräte, aber auch über das Kindle Fire-Tablet von Amazon.
Dass sich die intensive Vorbereitung gelohnt hat, zeigt die vom Start weg erfolgreiche Etablierung des Start-ups am Markt. „Die Ziele, die wir uns für das erste Jahr gesteckt hatten“, so Christian Damke, „haben wir bereits innerhalb von neun Monaten erreicht.“ Allein im ersten Jahr sei die Skoobe-App mehr als 300.000-mal heruntergeladen worden und finde sich permanent unter den Top Ten der meistgeladenen Buch-Apps sowohl bei iTunes als auch bei Google Play. „Skoobe gehört aber nicht nur zu den beliebtesten, sondern auch zu den bestbewerteten Apps“, betont Damke. Nach Ablauf des ersten Jahres brachte es die E-Book-Bibliothek auf rund 2.200 Bewertungen im iTunes Store sowie auf viereinhalb von fünf möglichen Sternen. Und jeden Monat, so Damke weiter, würde das Unternehmen mehrere Tausend neue Abonnenten hinzugewinnen, die bereit sind, wenigstens 9,99 Euro für das Basis-Abo zu bezahlen. Gewachsen ist übrigens nicht nur die Zahl der Kunden, auch das Unternehmen wurde größer. Aus dem Duo Damke/Peters wurde ein Team von heute 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Doch wer sind die typischen Skoobe-Nutzer? „Das sind zunächst natürlich Vielleser, die auch mobil nicht auf ihre Bücher und eine breite Auswahl an Titeln verzichten möchten“, erklärt Christian Damke. „Leser, die mehr Wert auf schnelle Verfügbarkeit als auf die Ausstattung legen.“ Die Skoobe- Marktforschung hat mittlerweile ergeben, dass zu den Kunden aber auch neue Zielgruppen gehören, die durch das gedruckte Buch bislang nicht oder nur selten erreicht worden seien. Dies seien beispielsweise besonders technikaffine Menschen oder auch Teenager. „Und nicht zuletzt ist Skoobe eine legale Alternative für preissensible Kunden“, betont Damke. So habe sich gezeigt, dass Kunden des Unternehmens weniger häufig zu den reichlich im Netz verfügbaren, kostenlosen E-Book greifen würden. „Der meistgesuchte Begriff zum Thema ‚E-Book‘ bei Google ist nicht etwa ‚E-Book‘, es ist ‚E-Book kostenlos‘“, bringt Damke eine der großen Herausforderungen für die Buchbranche auf den Punkt.